Der Zähneknirscher Paul (Name geändert) hat nach der Lektüre meines Buchs Schluss mit Zähneknirschen einige Erfahrungen mit mir geteilt – oder besser mit uns, denn ich darf sie auf diesem Blog besprechen. Im ersten Artikel der Reihe ging es um Biofeedback und eine Wurmkur gegen Bruxismus, im zweiten Artikel um den einfachen und effektiven Zunge-Schneidezähne-Trick. Heute geht es um die Frage, ob ein Neuaufbau der Eckzähne gegen das elende Zähneknirschen helfen kann.
Artikelgliederung
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Neuaufbau der Eckzähne zur Linderung des Zähneknirschens?
In diesem Zusammenhang, eine sehr gute Zahnärztin hat mir mal das Knirschen abgewöhnt, dabei war ein Hauptelement ihrer Behandlung der Neuaufbau der Eckzähne mit Kunststoff. Denn diese lösen ebenfalls einen Entspannungsreflex aus, wenn die unteren Eckzähne bei der seitlichen Mahlbewegung gegen die oberen Eckzähne stoßen. Das meldet dem Gehirn: Ende Gelände, Zähne lösen und zurück zur Mitte. Sie nannte das immer seitliche Okklusion. Bei vielen Knirschern sind diese Eckzähne durchs Knirschen abgeschliffen. Das hat zur Folge, dass der Kiefer größere seitliche Bewegungsfreiheit hat, als es dem Kiefergelenk gut tut. Das führt zu Kiefergelenksschmerzen.
Paul - Tipps eines Zähneknirschers
Diese Herangehensweise erfordert zahnärztliches Fachwissen, ganz klar. Im ersten Moment bin ich von dem Vorschlag überrascht. Denn schon manch ein Zähneknirscher hat sich beim Knirschen Teile der Eckzähne abgebrochen. Auch den angesprochenen Entspannungsreflex kenne ich noch nicht und habe bei meinen ersten Onlinerecherchen nichts dazu gefunden. Stattdessen stoße ich wie vermutet auf verschiedene Quellen, die Schäden an den Eckzähnen als Bruxismusfolge kennen. Hier zum Beispiel ein Zitat der GZFA (Gesellschaft für Zahngesundheit, Funktion und Ästhetik):
Woran man Bruxismus erkennen kann
[...]
Die Zähne, besonders in der Front sind deutlich kürzer, wirken wie abgeschliffen, die Eckzähne haben keine Spitzen mehr. Das Zahnfleisch hat sich zurückgebildet, der Zahnschmelz hat Risse. Ein Abrasionsgebiss liegt vor.https://www.gzfa.de/diagnostik-therapie/beschwerdebilder/bruxismus-zaehneknirschen/, eingesehen am 17.4.21
Oder hier, auf der Website eines Münchner Zahnarztes:
Woran erkenne ich, daß ich mit den Zähnen knirsche?
Das stetige Knirschen kann zu einem Abrieb der Zähne führen, was langfristig auch die Ästhetik beeinträchtigt. Die Oberkieferzähne werden meistens erst etwas dunkler, dann auch kürzer. Die Eckzähne zeigen oft eine regelrechte Schnittkante auf.https://www.sagadent.de/behandlungsspektrum-leistungen/knirschen-der-zaehne-bruxismus/, eingesehen am 17.4.21
Auf der Website der Kassenzahnärztlichen Vereinigung und der Zahnärztekammer Hamburg findet sich ein Foto einer Knirschergebisses mit Rückgang von Zahnfleisch an den Eckzähnen. Diese Beispiele zeigen: Die Formel „Berührung der Eckzähne stoppt Zähneknirschen“ ist zu einfach. Für mich plausibel klingt allerdings die Beschreibung, dass der Bewegungsradius beim Knirschen eingeschränkt wird. Um das nachzuvollziehen, kannst du vorsichtig die Zähne aufeinanderpressen und dann verschiebst du den Unterkiefer nach links und rechts. Für mich fühlt es sich in meinem Gebiss so an, dass die Eckzähne beim Stopp der Bewegung eine besondere Rolle spielen. Irgendwann kann ich den Unterkiefer nicht mehr weiter nach außen schieben, ohne das Zähnepressen zu beenden, weil (auch) die Eckzähne im Weg sind. Was würde passieren, wenn sie so kräftig abgerieben wären, dass ich den Unterkiefer noch deutlich weiter nach außen schieben und dabei munter weiterpressen und -knirschen könnte? Schon bei einer vorsichtigen Simulation fühlt sich das in meinen Kiefergelenken sehr unangenehm an.
Fazit
Somit mag es durchaus sein, dass der beschriebene Neuaufbau der Eckzähne im Einzelfall helfen kann. Ich freue mich jedenfalls für Paul, dass er damit eine gute Erfahrung gemacht hat. Ein Teil des Effekts kann aber auch einfach nur darauf zurückzuführen sein, dass die Abläufe beim Zähneknirschen nicht mehr genauso stattfinden konnten wie sonst. Andere Muskeln mussten anders angespannt werden als zuvor. Dass es nicht dieselben Muskeln sind wie immer, fühlt sich für eine kurze Zeit erst einmal angenehmer an. Die medizinisch-wissenschaftliche S3-Leitlinie zu Bruxismus sieht aus einem ähnlichen Grund das intermittierende Tragen von Knirscherschienen als eine Option. Wer eine Schiene für 14 Tage trägt, dann für 14 Tage nicht und dann für 14 Tage wieder, der rekrutiert beim unbewussten Zähneknirschen immer wieder andere Muskelgruppen. So entlastet er die sonst dauerhaft arbeitenden Muskeln und hat weniger Schmerzen. Dieselbe S3-Leitlinie konnte übrigens keinen therapeutischen Wert in okklusalen Maßnahmen feststellen, also in Prothesen, dem Abschleifen von Zähnen oder wie hier im Beispiel dem Wiederaufbau der Eckzähne. Daher das Fazit:
Falls du dich fragst, ob ein Neuaufbau der Eckzähne für dich persönlich eine Hilfe gegen das Zähneknirschen sein kann, dann solltest du das mit einem in diesem Thema kompetenten Zahnarzt besprechen. Ich persönlich bin eher skeptisch. Eine gründliche Lösung für die meisten Zähneknirscher dürfte das jedenfalls nicht sein.
Falls du Zahnarzt bist: Schreib mir bitte deine Meinung dazu – gerne in die Kommentare oder alternativ per Mail an info@schluss-mit-zaehneknirschen.de. Danke!