Verbessert Sport den Schlaf und lindert Zähneknirschen?

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Sport fördert gesunden Schlaf – zumindest dann, wenn es sich um den „richtigen“ Sport handelt. Körperliche Betätigung baut Stresshormone wie Cortisol ab, stärkt die emotionale Ausgeglichenheit und kann das Selbstvertrauen wachsen lassen. Außerdem beeinflusst die leibliche Ertüchtigung den Stoffwechsel von Adenosin und Adenosintriphosphat (ATP), was den abendlichen Schlafdruck erhöht und die Schlafqualität verbessert. Und immer noch habe ich nur eine Auswahl der regelmäßig zu beobachtenden Effekte von Sport benannt.

Kein Wunder also, dass Schlafmediziner sportliche Betätigung als einen von mehreren Bausteinen im Kampf gegen Schlafprobleme empfehlen. Dass besserer Schlaf und emotionale Ausgeglichenheit gegen Zähneknirschen helfen können, versteht sich von selbst. Aber worauf sollte man achten? Heißt es nicht, Sport am Abend erschwere das Einschlafen? Und berichte ich nicht in meinem Ratgeber Schluss mit Zähneknirschen von einer Extremsportlerin, die durch eine Verletzung und sportliche Zwangspause weniger Probleme mit ihrem Bruxismus hatte?

Artikelgliederung

Transparenzhinweise und rechtliche Absicherung

  • Werbung: Von den zwei erwähnten Büchern der Sportmedizinerin Dr. Ursula Manunzio habe ich jeweils ein kostenfreies Rezensionsexemplar erhalten. Beide Bücher sind in meinem Onlineshop erhältlich. Ich bin keine Verpflichtungen hinsichtlich meiner Berichterstattung eingegangen, aufgrund der kostenfreien Testprodukte aber zu dem Hinweis „Werbung“ verpflichtet.
  • Meinungswiedergabe: Ich bin zwar psychologischer Berater, Stresspräventionstrainer und Schlafcoach, aber kein Therapeut. Der Artikel gibt meine persönliche Meinung als medizinischer Laie wieder. Er ersetzt keinen Arztbesuch.
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Meine persönliche Erfahrung mit Sport und Schlaf

Mir fällt der Zugang zu Sport leicht. Aber mein früheres Vorgehen mit Sport gegen Schlafstörungen und Bruxismus ist trotzdem nicht zu empfehlen, wie ich im Folgenden berichte.

Motivation für Sport

Ich treibe gerne Sport und verbinde seit meiner Kindheit viele schöne Erfahrungen damit. Daher habe ich es leichter als manche Mitmenschen,  denen körperliche Aktivität schwerfällt und die regelrechte Schlachten gegen ihren „inneren Schweinehund“ führen. Klar, ich habe auch nicht immer Lust und muss mich manchmal aufraffen. Aber ich weiß aus Erfahrung, dass mir das Laufen, Klettern oder Schwimmen nach den ersten anstrengenden Minuten anfängt Spaß zu machen.

Wer demgegenüber als Kind im Sportunterricht immerzu als letzter in eine Mannschaft gewählt und wegen seines Körpergewichts gehänselt worden ist, dem wird es möglicherweise anders gehen. Meine erste Botschaft: Kein Grund für ein schlechtes Gewissen! Wenn dir Sport ausgesprochen schwerfällt, dann hat das seine Gründe. Dafür brauchst du dich nicht zu verurteilen und schon gar nicht brauchst du dich mit anderen zu vergleichen. Konzentriere dich lieber auf die Frage: Wie viel Sport möchte ich für mich und meine Gesundheit nutzen und was kann mir helfen, dafür die Motivation zu finden? Genau zu diesem Thema hat die Psychologin und Sportwissenschaftlerin Theresa Wolf eine Menge Tipps und Tricks im ichStark-Interview mit mir und uns allen geteilt.

Laufen gegen Schlafbruxismus - und mein Fehler dabei

Wie bereits in meinem Ratgeber Schluss mit Zähneknirschen berichtet, bin ich eine ganze Zeit lang jeden Abend ausführlich joggen gegangen. Und zwar so lange, bis ich mich müde genug gefühlt habe, um gut zu schlafen – meistens ein bis zwei Stunden. Tatsächlich haben sich in dieser Zeit von 2012-2013 sowohl meine Schlafproblematik als auch meine Bruxismussymptome erheblich verringert. Erst Schmerzen in den seitlichen Muskeln ober- und unterhalb des Knies haben mich von diesem exzessiven Laufen abgebracht.

Da bin ich nicht der Einzige: In einem Austausch von Schlafberatern haben wir festgestellt, dass immer wieder Menschen mit Schlafstörungen glauben, im täglichen Erschöpfen des eigenen Körpers endlich einen Schlüssel zu gutem Schlaf gefunden zu haben. Der Haken an der Sache: Genau wie bei mir funktioniert das auch bei anderen nicht auf Dauer und kann negative Folgen nach sich ziehen.

Beispielsweise hat Dr. Robert Schleip im Interview mit mir aus der Faszienforschung berichtet: Etwa bei 20.000 bis 30.000 Wiederholungen einer bestimmten Bewegung pro Woche liegt die individuell unterschiedliche Grenze. Darüber kann es zu Gewebeschädigungen und Problemen wie Mausarm oder Schmerzen beim Laufen kommen. Dr. Schleip bringt es auf den Punkt: Wer in einem moderaten Maß Sport treibt, ist seltener beim Orthopäden zu finden als der Bewegungsmuffel. Wer aber einen Sport exzessiv ausübt, der muss häufiger hin. Wer gerne und viel Sport treiben möchte, der sollte also Wert auf Abwechslung legen.

Welcher Sport baut Stress effektiv ab und verbessert den Schlaf?

Sportmedizinerin Dr. Ursula Manunzio im Portrait

Dr. Ursula Manunzio ist Leiterin der sportkardiologischen Ambulanz der Uniklinik Bonn. Per Mail habe ich sie nach ihrer Meinung gefragt. Was kann sie empfehlen, welcher Sport unterstützt den Schlaf? Die Sportmedizinerin hat mir folgende Tipps geschrieben.

Frage: Fördert Sport den Schlaf? Welche allgemeinen Empfehlungen kannst du uns geben?

Ein gesundes Ausmaß an Sport ist sicher förderlich für einen guten Schlaf. Natürlich kommt es wie bei Allem ein wenig auf die Dosis und die Ausführung, sowie auf die Sportart an. Während insbesondere Ausdauersportarten im Grundlagenbereich sehr Schlaf fördernd wirken können, helfen in diesem Kontext "Adrenalinsportarten" wie Kampfsport, Skispringen o.ä. eher nicht... Auch zu erschöpfende Einheiten führen manchmal zu dem Paradoxon, dass man danach eher schlechter schlafen kann. Dies führt aber gleich zu Deiner zweiten Frage.

Frage: Welche Art von Sport und welche Tageszeit würdest du empfehlen, um besser zu schlafen?

Grundsätzlich sorgt jede Art von Sport zu einer besseren Auslastung und somit zu einer besseren Schlafqualität. Ein großes Problem unserer Gesellschaft ist eine viel zu ausgeprägte Inaktivität, wie soll der Körper da am Abend müde sein. Wer also einen primär inaktiven Alltag hat, sollte unbedingt mit täglichen Bewegungseinheiten dagegen wirken. Die Wahl der Sportart ist da zunächst sekundär - es soll ja auch Spaß machen und das ist nunmal individuell sehr unterschiedlich. Man sollte einfach nur beachten, dass man kurz vor dem Schlafengehen eventuell eher ruhigere Sportarten auswählt, sofern man dafür sensibel ist. Denn es gibt auch durchaus Menschen, die nach egal welcher Aktivität prima in den Schlaf finden. Das ist einfach ganz individuell verschieden.

Herzfrequenzbereich beim Sport

Die Teilnehmerin eines meiner Stressmanagementkurse schrieb mir diese Frage:

ich hätte noch eine Frage, um Stress abzubauen sind ja 20min joggen gut. Gibt es da einen Herzfrequenzbereich in dem man sich aufhalten sollte? Gestern war ich joggen mit durchnittlich Puls von 156 laut meine Fitnessuhr und habe doch nicht gut geschlafen.

In der Regel wird für Stressabbau durch Ausdauersport ein Herzfrequenzbereich von um die 70% der individuellen maximalen Herzfrequenz empfohlen. Dabei fordert man den Körper, ohne ihn zu überfordern. Aber auch in anderen Herzfrequenzbereichen werden Stresshormone abgebaut.

Das optimale Tempo zum Stressabbau erzielt man mit Pulswerten zwischen 65 und 75 Prozent der maximalen Herzfrequenz.

Wer sich an konkreten Zahlen orientierten möchte, kann bei einem Sport-Check-Up um eine Empfehlung anhand eines Belastungs-EKG und unter Berücksichtigung der gesundheitlichen Gesamtsituation bitten. Warum jeder Sportler regelmäßig ein solches Check-Up in Anspruch nehmen sollte, das hat die Sportmedizinerin Dr. Ursula Manunzio zu Beginn ihres ersten Interviews im ichStark-Podcast ausführlich erläutert:

Im zweiten Interview haben wir unter anderem die Zusammenhänge von Stress, Bewegung und Herzgesundheit besprochen:

Beide Bücher von Sportmedizinerin Dr. Ursula Manunzio sind in meinem Shop erhältlich: Herzgesund und Gesunde und schmerzfreie Füße.

Ist Sport am Abend gut oder schlecht für den Schlaf?

Manchmal wird von Sport vor dem Schlafen abgeraten. Denn zum Einschlafen verringert der Körper seine Kerntemperatur und senkt den Puls. Beides kann durch späte und starke körperliche Aktivität erschwert werden. Allerdings ist die Studienlage dazu nicht eindeutig. In der Zeitschrift Sports Medicine wurde 2019 eine Meta-Analyse wissenschaftlicher Studien veröffentlicht. Die Autoren kommen zu dem Ergebnis: „Insgesamt stützen die hier betrachteten Studien nicht die Hypothese, dass abendliche Bewegung den Schlaf negativ beeinflusst, sondern zeigen eher das Gegenteil“ (eigene Übersetzung). Dazu habe ich mit meiner dritten Frage bei der Bonner Sportmedizinerin Dr. Manunzio nachgehakt.

Frage: Sport am Abend – lieber nicht oder kann das eine Möglichkeit sein?

Wie bereits erwähnt kann das durchaus eine gute Möglichkeit sein, wenn man der Typ dafür ist. Da heißt es einfach ausprobieren. Stellt sich heraus, dass der Schlaf nach einem abendlichen Training besser ist - wunderbar. Wenn nicht, versuchen eine andere Tageszeit zu finden. Oder an den Sport noch eine Entspannungseinheit dranhängen - ein Dehnprogramm, Yoga oder Meditation können da Wunder wirken.

Empfehlungen der HKK: Tageszeit, Intensität und Art des Trainings

Die Handelskrankenkasse empfiehlt in einem Artikel, auf diese drei Faktoren zu achten, wenn man seinen Schlaf durch Sport verbessern möchte:

Daran anknüpfend möchte ich noch einmal an die Extremsportlerin aus meinem Ratgeber Schluss mit Zähneknirschen erinnern. Sie war der festen Überzeugung, durch ihr massives Auspowern beim Sport etwas gegen ihren Bruxismus zu tun. Als dann ein Krankenhausaufenthalt nötig wurde, zeigte sich an den Daten ihrer bruXane ein deutlich geringeres Knirschverhalten.

Das kann daran liegen, dass zu viel Auspowern und Erschöpfen aus verschiedenen Gründen nicht gut für den Körper ist. Oder daran, dass „Zähne zusammenbeißen und durch“ beim Wettkampf- und Leistungssport nicht gerade die mentale Grundhaltung ist, die Zähneknirschen verringern wird. Andererseits könnte es auch ganz einfach auf den Wegfall von privatem und beruflichem Alltagsstress zurückzuführen sein.

Forschung zum Zusammenhang von Sport und Bruxismus

Die medizinische Forschungsdatenbank PubMed gibt für die Suchbegriffe „sports bruxism“, „sport bruxism“ und „sport bruxismus“ 27 Treffer aus – im Zeitraum von 1966 bis 2022 (Stand 27.5.22). Die meisten Ergebnisse enthalten zwar die Suchbegriffe, behandeln aber nicht den Zusammenhang von Sport und Bruxismus. Die verbleibenden Studien sind an einer Hand abzuzählen und bieten keine aussagekräftige Antwort.

Immerhin, eine Studie kann das Nicht-Treiben von Sport als Risikofaktor oder zumindest als mit der Wahrscheinlichkeit von Schlafbruxismus bei Kindern assoziiert ausmachen. Andere Studien behandeln die Fragen, ob Dehnübungen bei Bruxismus angezeigt sind, welchen Zusammenhang es zwischen Muskelkraft und Unterkieferposition gibt, wie Mundbewegungen bzw. Muskelaktivität sich auf die Leistung von Golfern auswirken oder warum (nicht nur) für tauchende Zähneknirscher eine Zahnschiene aufgrund der Druckverhältnisse beim Tauchen sinnvoll sein kann.

Es bleibt also ähnlich wie schon bei meinem Artikel zur Anwendung von Cupping bei Bruxismus nur übrig, Rückschlüsse zu ziehen. Zum Beispiel: Stresshormone und zentralnervöse Störungen gelten als besonders häufige Ursachen von Bruxismus. Da Sport Stresshormone abbaut, kann er auch gegen Bruxismus wirken. Oder: Psychosoziale und emotionale Krisen sind Risikofaktoren für Zähneknirschen und Zähnepressen. Solche sportliche Aktivität, die emotionale Ausgeglichenheit und Selbstvertrauen stärkt, kann wahrscheinlich auch Bruxismus reduzieren. Und natürlich: Wer durch die Leibesertüchtigung besser schläft, wird vermutlich weniger mit den Zähnen knirschen. Denn Schlafstörungen zählen zu den häufigen Ursachen von Schlafbruxismus.

Zusätzliche Herausforderung für CMD-Patienten

Wer zusätzlich zum Bruxismus unter einer Kieferfehlfunktion (CMD) leidet, kann dies bei der Wahl der Sportart berücksichtigen und sich mit seinem Therapeuten besprechen. So schreibt der Zahnarzt Dr. Rainer Schöttl in seinem Buch CMD? Kein Schicksal! (Affiliatelink):

Viele CMD-Patienten haben auch eine Dysfunktion der HWS (CCD), so dass man sich unter den vielen Möglichkeiten eine Sportart heraussuchen sollte, die den Nacken wenig belastet, hier keine extrem hohen Kraftansprüche stellt und auch keine großen Erschütterungen überträgt.

Und er warnt vor einem Teufelskreis, in den nicht wenige CMD-Betroffene geraten: „Sie haben Schmerzen und versuchen, diese zu vermeiden, indem sie sich weniger bewegen.“

Die komplexe Erkrankung CMD wirkt sich also leider auch auf den Sport aus. Umso wichtiger ist es, nicht aufzugeben, sondern passende Wege sportlicher Betätigung zu finden – vielleicht mit Unterstützung eines Therapeuten.

Fazit: Sport für besseren Schlaf und gegen Bruxismus

Sport alleine wird in der Auseinandersetzung mit Stress, Schlafstörungen und Bruxismus nicht die Lösung bringen. Aber er kann ein Baustein sein. Im Allgemeinen ist davon auszugehen, dass Sport Stresshormone abbaut, den Schlaf verbessert und Bruxismus reduziert. Welche Art von Sport dir besonders gut hilft, darfst (oder musst?) du selbst herausfinden. Als erste Orientierung kannst du Ausdauersport am Vormittag machen, der dich fordert, aber nicht überfordert – und den du nicht verbissen durchziehst, sondern idealerweise mit Freude und Leichtigkeit angehst. Was manchmal leichter gesagt als getan ist.

Weiterführende Links und Quellenangaben

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